Wie Schokolade - Kunst und Kultur sind ein Schlüssel zu Lebensqualität im Alter

Von Almuth Fricke, kubia - Kompetenzzentrum für Kultur und Bildung im Alter im Institut für Bildung und Kultur e.V. (Remscheid). Schokolade macht glücklich - soviel ist bekannt.
Dass Kunst und Kultur gerade im Alter Schokolade für das Gehirn sein können und älteren Menschen vielfältige Bildungs- und Entwicklungspotenziale bieten, wird hingegen weitgehend ignoriert. Wer künstlerisch-kulturell aktiv ist, gewinnt soziale Orientierung und Kontakte und erwirbt gleichzeitig gestalterische und kommunikative Kompetenzen als Rüstzeug und Vorsorge für eine ,,gelingende Lebensphase Alter". Inzwischen belegen eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien diesen positiven Zusammenhang zwischen Kulturteilhabe und individueller Lebensqualität von älteren Menschen.

Künstlerische Kreativität ist kein Privileg der Jugend: Picasso malte bis zu seinem Tod täglich an mehreren Bildern, der Brasilianer Oscar Niemeyer war mit 104 Jahren noch als Architekt tätig und Woody Allen bringt auch mit 79 Jahren jedes Jahr einen neuen Film heraus. Für alle diese Künstlerpersönlichkeiten war oder ist es eine Selbstverständlichkeit, sich nicht zur Ruhe zu setzen.

Aber auch für Menschen, die Kunst und Kultur nicht zu ihrem Beruf gemacht haben, sind kreative Ausdrucksformen ein Leben lang sinngebend und bieten die Möglichkeit sich zu beteiligen und etwas Neues zu lernen.
,,Bildungsmaßnahmen - gerade im kulturellen Bereich - sind oft eine Mischung zwischen Weiterbildung und aktiver Lebensführung und Freizeitgestaltung. Für ein aktives Altern ist diese Form der Lebensführung eine zentrale Voraussetzung," ist im 5. Altenbericht der Bundesregierung zu lesen.

Vor allem die Erkenntnis: Wenn nicht jetzt, wann dann? bringt Menschen dazu, sich in der nachfamiliären und -beruflichen Phase neuen Lebensentwürfen zu stellen und kreativ-künstlerisch zu betätigen. Vielerorts entstehen Theatergruppen mit spielbegeisterten Älteren, allein in Nordrhein-Westfalen sind es 80 an der Zahl. Orchestertage laden ältere Wiedereinsteiger dazu ein, ihre Musikinstrumente zu entstauben. In der Medienarbeit werden Ansätze zur generationenübergreifenden Arbeit entwickelt. An einer Vielzahl von Museen in Nordrhein-Westfalen sind Führungskonzepte für Menschen mit Demenz entstanden. Konzerthäuser und Orchester in Nordrhein-Westfalen bieten spezielle Aufführungs- und Vermittlungsformate für diese Bevölkerungsgruppe. Sei es das Dortmunder Seniorenballet, der Experimentalchor ,,Alte Stimmen" in Köln oder die Band ,,FaltenRock" in Düsseldorf - der Zuspruch seitens der Älteren auf solche Angebote ist hoch!

Dass Kunst- und Kulturanbieter die große, stetig wachsende und attraktive Zielgruppe der Älteren mittlerweile verstärkt in den Blick nehmen und sich mit ihren Programm- und Vermittlungsangeboten darauf einstellen, ist nur konsequent.
In Nordrhein-Westfalen werden sie dabei seit 2008 von kubia - dem Kompetenzzentrum für Kultur und Bildung im Alter unterstützt, das vom Kulturministerium des Landes gefördert wird. kubia bietet für Kulturschaffende, aber auch für Tätige aus dem Sozial- und Bildungsbereich eine Vielzahl an Informationen, passgenaue (Förder-)Beratung, regelmäßige Fortbildungen sowie Vernetzung mit Partnern im In- und Ausland. In Forschungsvorhaben und Modellprojekten entwickelt das Zentrum innovative Konzepte für die Gestaltung unserer älter werdenden Gesellschaft.

Inzwischen ist sogar eine ganz neue Disziplin entstanden, die sich mit der Kulturellen Bildung im Alter in Forschung und Ausbildung beschäftigt: Gemeinsam mit der Fachhochschule Münster hat kubia die Kulturgeragogik begründet, die Erkenntnisse aus der Gerontologie, der Altersbildung (Geragogik) und kulturpädagogische Erfahrungen kombiniert. Seit 2011 wird an der FH Münster eine entsprechende berufsbegleitende, zertifizierte Weiterbildung angeboten. In der Qualifizierung lernen Kulturschaffende sowie Tätige aus der Sozialen Arbeit, Altenhilfe und Pflege hochwertige kulturelle Bildungsangebote zu entwickeln, die sich an der Biografie und Lebenswelt älterer Menschen orientieren und deren Lernverhalten berücksichtigen. ,,Kulturgeragogik ist eben nicht die Lehre von ein wenig Zerstreuung vor dem Unvermeidlichen", formulierte es ein Absolvent der Weiterbildung, der heute die Vermittlungsabteilung eines holländischen Museums leitet. ,,Es geht um Lebensqualität, Identitätsfindung und das Stimulieren eines enormen gesellschaftlichen Potenzials, das häufig noch brachliegt."

Also: Es ist nie zu spät: Nutzen Sie ihre künstlerisch-kulturellen Potenziale und Talente!


Weitere Informationen:

Kompetenzzentrum für Kultur und Bildung im Alter (kubia): www.ibk-kubia.de

kubia auf Facebook: www.facebook.com/ibk-kubia

Weiterbildung Kulturgeragogik an der FH Münster: www.kulturgeragogik.de

Theatergold - Forum für Theater im Alter in NRW: www.theatergold.de
20.02.17 Redaktion Gastbeiträge